Lievito Madre ansetzen – so gelingt der italienische Sauerteig

Hier am Blog habe ich mich bisher vorrangig zwei Disziplinen des Brotbackens gewidmet: Dem Brotbacken mit Hefe als Triebmittel und dem Backen mit Sauerteig. Doch die Welt des Brotbackens ist (gerade in südlicher gelegenen Ländern) noch deutlich vielfältiger. Ein Begriff, der sich hier immer öfter auch bei uns findet, ist das Brotbacken mit Lievito Madre. Zu deutsch „Mutterhefe“. Wir schauen also ab sofort über den Tellerrand und setzen uns Lievito Madre an. 

Lievito Madre

Was ist Lievito Madre?

Lievito Madre ist ein fest geführter Sauerteig, der in den allermeisten Fällen mit einem hellen Weizenmehl geführt wird. Beim Ansetzen eines normalen Sauerteiges ist das ideale Verhältnis zum Anfüttern 1:1, also zum Beispiel 100 g Wasser auf 100 g Roggenmehl. 

Bei Lievito Madre hingeben ist das Verhältnis meistens 1:2. Also 50 g Wasser auf 100 g Weizenmehl. Dadurch wird diese Art des Sauerteiges natürlich deutlich fester. Lievito Madre wird deshalb auch nicht verrührt, sondern geknetet, zu einer Kugel geformt und dann zur Reife gestellt.

Klingt nach einem kleinen Unterschied… ist es tatsächlich im Backalltag auch, doch die feste Führung des Weizensauerteiges sorgt dann doch für einige besondere Unterschiede, die ich euch im Folgenden genau erkläre.

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Lievito Madre oder Weizensauerteig – der Unterschied

Die feste Führung des Sauerteiges bewirkt einen entscheidenden Unterschied zu einem regulären Weizensauerteig: Das Verhältnis der Mikroorganismen und Hefen verändert sich zu Gunsten der natürlichen Hefen im Sauerteig. Ergo, der Sauerteig wird Hefe lastiger und milder bzw. weniger sauer. Geschmacklich deutlich milder mit spürbar weniger Säure. Darüber freuen sich vor allem jene, denen die Säure in Weizensauerteigbroten wie meinem Weizensauerteigbrot Spezial immer noch zu viel war. Und es profitieren auch spürbar die süßen Rezepte. Richtig gelesen, mit Lievito lassen sich auch Zopf, Milchbrot, Brioche und Co. Zubereiten. Aber dazu ein anderes Mal mehr. 

Lievito Madre ist geschmacklich deutlich milder mit spürbar weniger Säure

Das bedeutet für Aroma und Handling, dass ich persönlich (Profibäcker mögen mich bitte korrigieren) angefangen habe, Lievito Madre vor allem als Ersatz für Industriehefe (die kleinen 42g Würfel aus dem Supermarkt) zu verwenden. Sauerteig bleibt hingegen für sich einzigartig. 

Ich backe also sehr oft Pizza statt mit Hefe mit Lievito Madre, aber auch Focaccia oder ganz normale Brote. Der Unterschied ist dann vor allem im Aroma zu finden, aber auch in der Konsistenz der Teige, speziell der Krume. Das hier im Detail zu erklären, würde den Rahmen sprengen. Deshalb starten wir einfach mit dem Ansetzen der Lievito Madre. Der Rest erklärt sich dann vor allem in den Rezepten von selbst. 

Lievito Madre

Lievito Madre selbst ansetzen – so wird`s gemacht

Insgesamt habt ihr (meines Wissens) 4 Möglichkeiten, eure Lievito Madre anzusetzen.

  • 1. Methode: aus eurem bestehenden Weizensauerteig umzüchten
  • 2. Methode: aus Hefewasser ziehen (in meinen Augen sehr umständlich)
  • 3. Methode: von Grund auf neu ansetzen
  • 4. Methode: einen fertigen Bio-Ansatz kaufen und pflegen. Hier gilt es aber darauf zu achten, echten Madre zu kaufen, und nicht irgendein Pulver. Bongu dürfte hier die beste Anlaufstelle sein.

Welche Methode ihr wählt bleibt euch überlassen. Ich habe alle 4 mehrfach getestet und bemerkte nach ein paar Wochen (im Falle meiner Madre aus Methode 1 sogar inzwischen 3 Jahren) keinen spürbaren Unterschied. Was für mich bedeutet, dass das richtige Erhalten und dann Aktivieren der Lievito Madre über längere Zeit wichtiger ist als das eigentliche Ansetzen. 

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Methode 1 – Lievito Madre aus bestehendem Weizensauerteig umzüchten

Diese Methode ist für mich aus zwei Gründen die ideale Methode. Zum einen, weil erfahrungsgemäß jede/r, der bzw. die sich mit dem Thema Brotbacken befasst den Weg vom Hefe- über Sauerteig lernen wird, bevor man sich dem Spezialthema Lievito Madre widmet und somit zu 99% bereits ein Sauerteig zur Verfügung stehen und wird. Und zum zweiten, weil man so beides zur Verfügung hat: einen Sauerteig und Lievito. Es lohnt sich also, zuerst den Sauerteig anzusetzen. 

Sauerteig ansetzen – ganz einfach

Alles was ihr dafür tun müsst ist, um aus eurem Weizensauerteig eine perfekt funktionierende Lievito Madre zu machen, erkläre ich euch jetzt:

Sauerteiganstellgut, Mehl, Wasser und ein möglichst hochwertiger Bio-Honig sind für mich die unkomplizierteste und sinnvollste Möglichkeit, sich seine eigene Lievito Madre anzusetzen.

Tag 1 – morgens 

25 g Weizenanstellgut oder aktiver Sauerteig
25 g Wasser
50 g hochwertiges Weizenmehl (Type 550/700/1050, etc., aber kein Vollkorn)
1 TL Bio-Honig (so hochwertig wie irgendwie möglich!)

Alle Zutaten gut verkneten, zu einer Kugel formen und bei 25 bis 30°C für etwa 12 Stunden abgedeckt, aber nicht luftdicht reifen lassen. Die Madre wird sehr schnell aktiv werden und reagieren. Der Honig gibt einerseits einen extra Boost und zum anderen sorgt er dafür, dass sich das Verhältnis aus Hefen und Milchsäurebakterien nochmal stark in Richtung Hefen entwickelt. 

Es hat sich bewährt bzw. vor allem in Italien eingebürgert, die Teigkugel oben kreuzförmig einzuschneiden. Das ermöglicht, dass die Madre noch etwas besser aufgehen kann, weil die Oberflächenspannung der Kugel dadurch bricht.

Ich lagere den Madre Ansatz übrigens in einem großen Glas, den Deckel lege ich nur lose drauf. Wichtig: Nicht verschließen, sonst bricht das Glas.

Tag 1 – abends

Lievito Madre Ansatz (das sind jetzt ca. 115 g aufgrund des Honigs)
100 g Weizenmehl (Type 550/700/1050, etc., aber kein Vollkorn)
50 g Wasser

Honig ist nun nicht mehr notwendig. Einfach Mehl und Wasser dazu, verkneten, oben einschneiden, abdecken, fertig. Reifezeit nun weitere 12 Stunden. Also über Nacht. 

Lievito Madre

Tag 2 – morgens

Lievito Madre Ansatz (das sind jetzt ca. 250 g)
100 g Weizenmehl (Type 550/700/1050, etc., aber kein Vollkorn)
50 g Wasser

Die Madre wird nun bereits sehr luftig sein. Nun nochmals einfach Mehl und Wasser dazu, verkneten, abdecken, fertig. Eure Lievito Madre wird nun ziemlich schnell an Volumen gewinnen. 

Fertig. Das war es eigentlich schon. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Lievito Madre noch milder wird, wenn man sie noch 2 bis 3 Tage im 12 Stundentakt füttert. Ihr könnt sie aber ab der 3. Fütterung bereits als Lievito Madre bei voller Triebstärke verwenden. 

Lievito Madre

Lievito Madre aktivieren bzw. auffrischen

Im Detail gelten hier alle Fakten und Details, sowie Prozesse wie bei einem Sauerteig. Deswegen empfehle ich euch, einfach den Artikel Anstellgut und Sauerteig aktivieren im Detail zu lesen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Verhältnis von Mehl zu Wasser anders ist.

Konkret: Madre aus dem Kühlschrank nehmen. Ca. 50 g Lievito Madre mit 50 g Wasser und 100 g Weizenmehl verkneten. Also 1:1:2

Hin und wieder gebe ich noch etwas Honig dazu, das macht die Madre meiner Meinung nach noch etwas milder.

Lievito Madre lagern

Die Lagerung von Lievito Madre ist denkbar unkompliziert. Gut anfüttern im Verhältnis 1:1:2, also 50 g Madre, 50 g Wasser, 100 g Weizenmehl. Deckel drauflegen und im Kühlschrank ist die Madre so problemlos 2 bis maximal 3 Wochen ohne Füttern haltbar. Um sie aktiv zu halten empfehle ich die Lagerung an einem kühlere Ort im Haus und die Fütterung ebenfalls 1:1:2 alle 24 Stunden. So ist sie quasi immer ausreichend triebfähig für normale Brote.

Übrigens: Ein stark säuerlicher Geruch, wenn man mal die Fütterung übersieht ist normal, weil die Hefen schneller aufgeben als die Milchsäurenbakterien. Hier einfach anfüttern und aktivieren, dann regelt sich das recht schnell wieder.

Backen mit Lievito Madre – Hefe durch Lievito Madre ersetzen

Grundsätzlich kann Lievito Madre immer dann zum Einsatz kommen, wo sonst einfach Hefe verwendet wird. Doch man darf sich das nicht so vorstellen, dass man 1:1 ersetzen kann. Vielmehr muss man, wie bei Sauerteig auch einen gewissen Anteil der Mehlmenge im Rezept im Vorhinein als Lievito Madre angesetzt werden.

Hier gilt aus Faustformel:
15 bis 20% der Mehlmenge als Lievito Madre bei Brot, Pizza, Focaccia und Co.
25 bis 30% der Mehlmenge bei schweren Teigen mit Butter und Ei, also Zopfbrot und Co.

Ganz grob, nur zur Veranschaulichung bedeutet das z.B. bei einem schnellen Pizzateig im Alltag:

500 g Weizenmehl Tipo 0
300 g Wasser
10 g Olivenöl
5 g Salz
5 g Hefe

Reifezeit bei Zimmertemperatur 2-3 Stunden

400 g Weizenmehl Tipo 0
250 g Wasser
10 g Olivenöl
5 g Salz
150 g Lievito Madre (aus 100 g Mehl, 50 g Wasser)

Reifezeit bei Zimmertemperatur 4-5 Stunden

Man nimmt also einfach einen Teil des Mehls weg, einen Teil des Wassers und ersetzt diese Menge durch die Lievito Madre. Wichtig dabei ist, dass das Verhältnis aus Mehl und Wasser insgesamt gleich bleibt. Das erfordert dann ein wenig Gehirnschmalz und Rechenleistung von uns ab, funktioniert aber zu 99% sehr gut.

Desto aufwändiger das Rezept, umso komplexer kann es dann werden. AnfängerInnen empfehle ich deshalb, sich eher ans Rezept zu halten. Hier kommt ja jede Menge Nachschub auf euch zu…

Das Backen mit Lievito Madre macht einfach Spaß, weil es quasi die unkomplizierte Version des Backens mit Sauerteig ist. Allerdings auch jene Version, die etwas weniger vielfältig ist. Das soll den Spaß aber nicht schmälern. Der Schritt ist also getan, jetzt habt ihr alle Infos. Die dazu passenden Rezepte findet ihr ab sofort regelmäßig hier am Blog.

Bei Fragen bitte keine Emails, sondern hier die Kommentarfunktion nutzen. So können alle die Fragen und Antworten immer lesen. Bei Emails nicht, weshalb ich da einfach nicht mehr fertig werde sonst. 😉 Danke fürs Verständnis und viel Freude beim Ausprobieren,

Lievito Madre
Mann backt Blog Backen Dekorieren Motivtorten

Marian

Hochzeitstorten designen, Cupcakes und (Motiv)torten zu planen und gestalten ist meine größte Leidenschaft. Am liebsten Samstag abends zu später Stunde...

Ich liebe die Herausforderung und die Vielseitigkeit, die ein Food Blog mit sich bringt: Planen, Backen, Ausprobieren, Fotografieren, Dekorieren und das Ganze dann auf Mannbackt.de zu präsentieren.

Das Ergebnis könnt ihr jeden Tag auf`s Neue bestaunen...