[Backschule #1] Ober-/Unterhitze oder Heißluft … das ist hier die Frage
Gibt es eine Frage, die ich in meinem Leben so oft beantwortet habe wie keine andere? Ja, und das ist definitiv die Frage der Fragen, die die Backwelt spaltet und so oft gestellt wird, wie keine andere. Heute versuche ich sie ein für alle Male zu klären…
Ober-/Unterhitze oder Heißluft … was nimmt man denn nun?
Um es vorweg mal gleich auf den Punkt zu bringen. Ich bin kein Physiker, kein Techniker und definitiv auch kein Profi… aber ich habe so meine Erfahrungen mit Hunderten, und zählt man die einzelnen Cookies und Whoopies dazu sogar tausenden Backvorgängen gemacht… UND… ich spreche aus der Logik der Sache heraus.
Was ist Heißluft und Umluft
Heißluft ist die Funktion eines Backofens, heiße Luft durch einen Ventilator aus der hinteren Seite des Garraumes in diesen zu blasen. Das ähnelt einem Fön und jeder weiß, dass ein auf die heißeste Stufe gestellter Fön, wenn man ihn dauerhaft auf einen Punkt am Kopf blasen lässt ZIEMLICH heiß wird.
Genau so ist das mit der Heißluft. Die bläst richtig heiße Luft irgendwo zwischen 100 und 250 Grad Celsius direkt auf euer Backgut. Das kann super sein, oder auch von großem Nachteil sein. Dazu aber später mehr.
Umluft ist übrigens nichts anderes als ein Ventilator, der die Hitze im Backofen in Bewegung versetzt. Es wird also keine heiße Luft reingeblasen, sondern die im Backofen befindlichen Hitze bewegt. Das bringt aber grundsätzlich den selben Effekte wie Heißluft, nur etwas abgeschwächt.
Was ist Ober-/Unterhitze?
Euer Backrohr (sofern es halbwegs modern ist) bietet auch die Möglichkeit, die Hitze durch eine sich erwärmende Oberfläche im Garraum in den Ofen zu bringen. Von oben (=Oberhitze) oder/und von unten (=Unterhitze). Dadurch verteilt sich die Hitze nicht aggressiv durch das Reinblasen, sondern sanft und gleichmäßig durch einen sich langsam erwärmenden Garraum.
Das kann man sich dann so vorstellen: Heißluft ist wie direkt in der Sonne zu sitzen bei 35°C und Ober-/Unterhitze ist wie Sitzen im Schatten. Auch ziiiiemlich heiß bei 35°C aber man verbrennt nicht oberflächlich sondern überhitzt quasi von innen. *ggg* Guter Vergleich? Zumindest für jeden/jede nachvollziehbar hoffe ich.
Wann verwende ich Heißluft oder Umluft? Und wann nicht?
Heißluft bläst also die Oberfläche eure Backgutes sehr heiß und aggressiv an. Die Folge ist, dass die äußere Seite eures Teiges schnell austrocknet und somit knusprig und knackig wird. Das Innenleben ist jedoch vorerst noch weich und teigig und wird deutlich langsamer durch als der knackige Rand.
Die Folge? Ein Kuchen kann nicht mehr weiter aufgehen, weil er eine harte Hülle hat. Für den Teig im Inneren bedeutet das, dass er speckig wird, weil er sich nicht gleichmäßig entfalten und aufgehen kann.
Welche Teige mögen KEINE Heißluft?
Für Kuchen aller Art, ob Biskuit, Rührteig oder Sachertorten aller Art ist dies ein absolutes No-Go und deshalb heißt es hier prinzipiell: Finger weg von Heißluft!
Welche Teige backe ich mit Heißluft?
Anders sieht es da bei Backwaren aus, von denen wir wollen, dass sie knusprig oder mit einer knackigen Kruste gesegnet werden. Da wäre zuerst mal Brot, das mag es gerne richtig heiß und knackig. Brot braucht die Kruste, damit sich die Hefe oder der Sauerteig anschließend im inneren, begrenzten Raum richtig entwickeln und die klassischen Poren entwickeln kann. Dadurch, dass der Teig relativ leicht ist (keine Butter, kein Ei, kein Zucker der karamellisiert, usw.) arbeitet der Teig im Inneren weiter.
Zu den Heißluft-Fans gehört auch Plundergebäck, sowie alles mit Blätterteig. Die brauchen die Hitze um ihre Schichten entfalten zu können und sollen sogar ein wenig antrocknen und knusprig werden.
Und zu guter Letzt natürlich Kekse und Cookies, die wir ja knackig wollen.
Wenn wir weggehen vom Süßen, dann sind Pizza, überbackene Aufläufe zum Beispiel mit Käse, Gratin aller Art, Backrohrpommes und alles andere, das eine knackige Kruste bekommen soll Heißluft-Fans.
Soweit alles klar an dieser Stelle? Ja, dann weiterlesen. Nein? Dann bitte die Kommentarfunktion nach diesem Beitrag nutzen und wir besprechen das persönlich mit allen anderen Backbegeisterten hier…
Wann verwende ich Ober-/Unterhitze? Und wann nicht?
Kommen wir zu Ober-/Unterhitze. In meinen Büchern schreibe ich anfangs prinzipiell, dass alle Kuchen in diesem Buch mit Ober-/Unterhitze gebacken werden, es sei denn, dies wird (zum Beispiel bei einem Rezept für Pavlova oder Baiser) anders angegeben.
Und das hat einen guten Grund…
Ober-/Unterhitze ist eine sehr sanfte Hitze, die sich gleichmäßig im Garraum verteilt. Das ist im Prinzip wie eine Bodenheizung, die man kaum spürt, die aber trotzdem wärmt, im Vergleich zu einem Elektro-Heißgebläse, das einem auch einiger Zeit glatt die Beine ansängt.
Diese sanfte Hitze greift den Teig nicht an, sondern erhitzt ihn sehr gleichmäßig und bildet dadurch vorerst keine Kruste. Die ersten 30 Minuten passiert da gar nichts in Sachen Kruste. In dieser Zeit erhitzt sich das Gargut langsam aber stetig und die Zutaten bekommen Volumen und Fülle, werden fluffig und zart, ohne dabei zu viel an Flüssigkeit zu verlieren.
Erst gegen Ende hin wird die Oberfläche leicht bräunlich und trocknet aus, aber hier sprechen wir von 0,5 bis 1mm Dicke, die kaum nennenswert ist und nicht stört. Kuchen, Muffins, Tortenböden oder Blechbiskuit werden mit Ober-/Unterhitze super saftig und fluffig.
Ich kann also prinzipiell tatsächlich allen Kuchen, die aus Rührteig, Sachertorten, Biskuit oder ähnlichem und die Backwaren die oben bei den “Heißluft-Liebhabern” nicht gelistet sind nur Ober-/Unterhitze empfehlen.
Welche Teige backe ich NICHT mit Ober-/Unterhitze?
Die Frage, wann man Ober-/Unterhitze nicht verwendet ist also schon weiter oben geklärt worden. Um es kurz zu machen, immer dann, wenn wir eine knackige Kruste unbedingt wollen…
FAZIT – JEDE METHODE HAT IHREN EINSATZZWECK
Heißluft oder Ober-/Unterhitze, welche Methode ist die beste? Diese Frage, die mir so oft gestellt wird gibt es eigentlich gar nicht… denn es gibt kein richtig oder falsch, nur den richtigen Einsatzzweck. Und den sollte man jedoch schon kennen, um auch wirklich seine Freude am schönsten Hobby der Welt zu haben… Backen!
Nun also los, stellt eure Fragen, nutzt die Kommentarfunktion und immer her mit euren Erfahrungen, Tipps und Anregungen…
Euer backender Mann,
Marian
Hochzeitstorten designen, Cupcakes und (Motiv)torten zu planen und gestalten ist meine größte Leidenschaft. Am liebsten Samstag abends zu später Stunde...
Ich liebe die Herausforderung und die Vielseitigkeit, die ein Food Blog mit sich bringt: Planen, Backen, Ausprobieren, Fotografieren, Dekorieren und das Ganze dann auf Mannbackt.de zu präsentieren.
Das Ergebnis könnt ihr jeden Tag auf`s Neue bestaunen...
39 Kommentare
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Vielen Dank, super erklärt! =)
Bitteschön
Vielen herzlichen Dank für für die tolle Erklärung
Liebe Grüße aus Oberösterreich, Ursula
Sehr gerne!
Wir haben einen neuen Backofe, ich war schon schier am verzweifeln, Bedienungsanleitung vom Hersteller leider auch nicht so aufschlußreich, danke für die tolle Erklärung, jetzt ist mir vieles klarer!
Das freut mich!! Fröhliches Backen, Marian
Ich backe sehr gerne plundergebäck. Bisher immer ober/ unterhitze. Das Problem ist, das der Boden immer sehr dunkel, bis leicht verbrannt wird, was natürlich den Geschmack beeinflusst. Sollte ich lieber mit Umluft backen? Wird durch die längere Backzeit der Teig trocken?
Hallo Sabine, ja Blätterteig und Plunderteig sind einige der wenigen Dinge die ich mit Heißluft beziehungsweise Umluft backe, weil sie dann auch einfach knuspriger werden. Solltest du keine Heißluft haben, würde ich dir empfehlen einfach das Blech weiter oben in den Ofen zu geben dann hast du weniger Unterhitze. Liebe Grüße Marian
Super erklärt! Danke dafür!!! Glg
Hallo Marian, mich würde jetzt noch der Temperaturunterschied bzw. der Unterschied in der Backdauer zwischen Ober-/Unterhitze und Heißluft interessieren. Wenn ich einen Gugelhupf aktuell in Umluft bei 160 Grad 50 min backe, wie sähe das das dann bei Ober-/Unterhitze aus?
Schöne Grüße Barbara
Hier würde ich auf 175 Grad gehen bei gleicher Backdauer, eventuell 5-10min mehr. Einfach Stäbchenprobe machen.
Hallo Marian
vielen herzlichen Dank für die tolle, einfache und logische Erklärung. Ich habe einen tollen Backofen mit gespürten 1000 Möglichkeiten. Leider kann ich aber eine Sache nicht machen: die Tür einen Spalt offen lassen. Es gibt Rezepte, wo es gut wäre, wenn man mit z.b. einem Holzlöffel oder so die Tür einen Spalt offen hält, damit die Feuchtigkeit aus dem Backofen rausgeht. So nun meine Frage, wie kann ich trotzdem solche Backwaren backen? Gibts dazu einen Trick oder muss ich auf all diese Rezepte verzichten?
Vielen Dank und Lieber Gruss
Der Beitrag ist zwar schon recht alt – aber es gibt in der Tür so einen kleinen “Schalter”, der prüft ob die Tür geschlossen ist. Diesen einfach “austricksen” – sprich genau dort den Holzlöffel oder ähnliches zwischen klemmen – und schon funktioniert alles 🙂
Gute Erklärung, allerdings muss ich in einem Punkt widersprechen: ich backe mein Brot niemals mit Heißluft. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Brot dann nicht so schön aufgeht und sehr “stumpf“ wirkt. Das Beste Ergebnis erziele ich mit Ober- Unterhitze, auf Stein und mit Dampf. Übrigens nutze ich die Dampffunktion meines Ofens auch bei allen Arten von Rührteig und sie werden wunderbar fluffig.
Lg Bettina
Hallo Bettina, ich muss natürlich immer davon ausgehen, dass meine LeserInnen einen normalen Backofen haben. Stein und Klimagaren sind da immer eher die Ausnahme. Aber du hast natürlich recht. Liebe Grüße Marian
Hallo und vielen Dank für die tolle Erklärung. Wieder ein Rätsel weniger in meinem Backleben. 🙂 Einmal habe ich das gleiche Problem wie Prisca (das Hightec-Gerät läuft nicht wenn die Tür einen Spalt offen ist) und ich stehe so auf Kriegsfuß mit Macarons…. Wären die vielleicht auch ein Heißluftgebäck? Lieben Dank für die Hilfe!
Ja, Macarons gehen auch mit Heißluft, dann 10grad weniger. Das löst das Problem mit dem Spalt aber leider nicht. Dann bleibt der Ofen halt zu *ggg*
Hallo Marian, ich lese Deinen Blog regelmäßig, und habe auch Deine Bücher – bin sehr glücklich damit, super tolle Rezepte… Meine Frage wäre nun, wenn ich einen Briochestriezel mache (aus kaltem Germteig), was sehr oft der Fall ist, weiß ich nicht recht- nehm ich Ober/Unterhitze oder Heißluft, im Rezept selbst steht leider nur die Temperatur (zuerst 160 Grad danach reduzieren auf 150 Grad). Habe bereits beides probiert, aber ich weiß net so recht – unten brennt er immer an :(….
Danke für Deine Hilfe
Liebe Grüße aus Niederösterreich
Gabi
Ich würde in diesem Fall tatsächlich Heißluft nehmen. Die Temperaturen so belassen und wenn der Zopf unter braun wird, dann nimm eine etwas weiter oben liegende Schiene. Viele Backöfen haben unten mehr Temperatur als angegeben. Liebe Grüße Marian
Danke für diesen tollen Beitrag!
Eine Frage: gibst du bei Ober-/Unterhitze auch mehrere Bleche gleichzeitig ins Rohr??? Aus diesem Grund nehm ich oft Heißluft weil ich schon öfters gelesen hab dass man nur bei Heißluft mehrere Bleche gleichzeitig backen kann. Lg
Nein, wenn du unbedingt mehrere Bleche brauchst kommst du um Heißluft nicht herum. Dann musst du aber die Temperatur sehr mild (150 bis 160 Grad) wählen. Liebe Grüße Marian
Lieber Marian, vielen Dank für die tolle Erklärung.
Jetzt hätte ich auch noch eine Frage: wenn ich Rezepte verwende, bei denen die Eier nicht getrennt, sondern ganz zur Masse gegeben werden, passiert es mir leider meistens, dass die Masse etwas zu flocken beginnt. Ich gebe die Eier wirklich einzeln hinzu und die Zutaten haben alle Zimmertemperatur.
LG. Caroline
Hallo Caroline, ich nehme das Thema in der nächsten Backschule auf… dann sollten alle Fragen geklärt sein
Hallo, ich finde ja auch, dass du das super erklärt hast, aber eine Frage hätte ich noch dazu: Wenn ich Ober-/Unterhitze nehme, in welche Ebene stell ich das Blech?? Oder ist das egal??
LG
Birgit
Möglichst mittig. Sowohl zu den Seiten, also auch nach oben und unten.
Liebe Grüße Marian
Und was ist bitte für den Brandteig und Pavlovova und Baiser empfohlen?
Das gebe ich bei den Rezepten gesondert an.
Liebe Grüße Marian
Hallo Marian,
vielen Dank für die tolle Erklärung!
Ich hab noch eine Frage: Wie mache ich es bei z.B. einem Rührkuchen mit Obst drauf und Baiserhaube? So eine Baiserhaube ist immer so eine Sache… Finde ich. Ich backe den Teig mit Obst immer vor, dann Baiser drauf und fertig backen.
Wie wird das Baiser oben schön knusprig?
VG
Steffi
Hallo Steffi,
am besten (wenn du hast) die letzten 3-4 Minuten die Grillfunktion einschalten oder den Kuchen ins obere Drittel des Ofens stellen, damit er mehr Hitze von oben abbekommt.
Vorrücken würde ich auch. Liebe Grüße Marian
Vielen herzlichen Dank für für die tolle Erklärung
Liebe Grüße aus Oberösterreich, Ursula
Hallo Marian,
ich bin erleuchtet… hatte immer gedacht, Umluft wäre die sanftere Hitze. Pfeifendeckel!
Frage noch: Hast Du Erfahrungswerte mit veganen Kuchen? Gibt es da auch eine Empfehlung, welche Hitzeart ich da nehme?
Gruß, Philipp
Hallo Philipp,
Hier gilt genau das selbe: Sanfte Hitze, dann wird’s fluffig.
Fein, dass ich helfen konnte. Liebe Grüße Marian
Hallo Marian,
na – hätte ich diesen Beitrag mal eher gelesen. Hätte mir am Wochenende ein paar ängstliche Gedanken erspart. *lach*
Ich habe das erste Mal aus dem Bauch raus meinen simplen Rührkuchen auf Unter- / Oberhitze, statt mit Umluft gebacken. Die erste halbe Stunde habe ich wirklich befürchtet, der bäckt nie durch! Vom Umluftbacken war ich gewohnt, nach 30min die Alufolie drüberzulegen, weil schon Kruste da war. Konnte ich mir diesmal sparen, der war aufgegangen, aber noch total feucht – jetzt ist mir klar, warum.
Deiner tollen Ausführung wegen weiß ich, dass ich künftig dabei bleiben werde. Danke für die Mühe, die Du Dir machst!
Viele Grüße
Eva-Maria
Sehr gerne! Danke für die Rückmeldung
Super interessant, danke für die gute Erklärung!
Top Tipp … genau den habe ich gesucht. Weil ich genau das Problem mit Heißluft hatte … zu »knusprig«. Es gibt aber beides – Backöfen, die die Hitze nur per Ventilator verteilen, und Backöfen, die tatsächlich heiße Luft reinblasen (die sind aber teurer, da ist dann ein eigenes Heizelement am Ventilator) …
Läuft am Ende aber dann aufs gleiche hinaus.
Lieben Dank für die tollen Erklärungen!
Gerne